Gerlof Smit

Autor/in Antje Buchwald

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Gerlof Smit im Dialog mit der Silhouette

g.smit-selfkleurDie Kunst des seit über 30 Jahren in Friesland lebenden Gerlof Smit ist sehr vielgestaltig. Neben Experimentieren mit verschiedenen Materialien, wie Geld oder Pflanzen, die Smit mit seiner Schere bearbeitet, gilt sein Interesse auch der Transformation des zweidimensionalen Papiers in die dritte Dimension.

Eines der Themen Gerlof Smits ist die traditionelle Silhouette. In einer Serie schnitt Smit viermal  die Porträts der Künstlerin Marte Röling. jedes zeigt einen anderen Gesichtsausdruck – leicht und stärker lächelnd, lachend und rauchend. Dies wäre in der Geschichte der Silhouette nicht weiter erwähnenswert, denn bekanntlich nutzte bereits Johann Caspar Lavater im 18. Jahrhundert die Porträtsilhouette zur Veranschaulichung seiner Pseudo-Wissenschaft, der Physiognomik, wonach vom Äußeren eines Menschen auf sein Innerstes, seinen Charakter, zu schließen sei (vgl. Ausgabe Nr. 32).

 


 

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Gerlof Smits Anliegen ist jedoch keine physiognomische Studie per se, vielmehr versucht er,mittels der Profillinie eine Ausdrucksstudie zu visualisieren. Hierbei interessiert ihn die Frage: Wie und wodurch sich eine Silhouette verändert bei verschiedenen Gesichtsausdrücken. Die fotografischen Fragmente, welche Mund und Auge der Porträtierten zeigen, sprengen zudem die traditionelle Grenze des Mediums der Silhouette. Sie konterkarieren die Leerstelle, den undifferenzierten Binnenraum der Silhouette.

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Bei dem Selbstporträt des Künstlers mit weiblichen Gesichts-fragmenten wird die Silhouette bzw.   das Schattenbild, das laut Lavater „das wahrste und getreueste Bild, das man von einem Menschen geben kann [… 1, weil es ein unmittelbarer Abdruck der Natur ist [… l“ (Physiognomische Fragmente zu Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe, 4 Bde, 1775-1801. Reprint Hildesheim 2002, Bd.2, S.90) ad absurdum geführt. Die fremden Gesichts-fragmente stellen die Identität des Porträtierten – Gerlof Smit -, in Frage und somit die traditionelle Aufgabe des Schattenrisses.

Auch in dem Schnittbild „Looking behind you“thematisiert der Künstler die Frage der Identität. Lässt man die umgeklappte Gesichtshälfte außer acht, so erscheint an Stelle der Profillinie eine gerade Linie – die Identität wird hier völlig negiert. Durch das Umklappen der Profillinie erzielt Gerlof Smit jedoch noch einen weiteren Effekt: Die flache Silhouette erfährt Räumlichkeit. Mit Rekurs auf den Titel des Bildes ist g.smit- behind youes auf diese Weise möglich – entgegen anatomischen Bedingtheiten -, hinter sich zu schauen, ohne sich umzudrehen. So blickt‘ das Porträt auf einen bewegten Baum, der auf seinem Nacken zu wachsen scheint. Die Paradoxie führt Gerlof Smit weiter, indem das umgeklappte Profil einen Schatten auf sich selbst wirft. – Der Schatten eines Schattens. Wie verändert sich die Silhouette während des Sprechens? Smit nahm zur Beantwortung dieser Frage seine Digitalkamera und fotografierte sich beim Sprechen. Die Studien wurden dann im Scherenschnitt umgesetzt. Im Schnittbild „Talking Self-porträts“ halten zwei ausgestreckte Arme jeweils ein Selbstporträt Smits. Die Silhouetten sind hierbei einander zugewandt und vertieft in ein Selbst-Gespräch, worauf die geöffneten Münder hinweisen. Smit geht auf diese Weise über das bloße Spiegelstudium hinaus, bei dem das Individuum sein Antlitz gewahr wird. Durch die Darstellung der Selbstporträts als Silhouetten mit unterschiedlichen Gesichtsmerkmalen (differenzierte Mundlinie) erfährt das Selbst des Künstlers zwar eine Verdoppelung als Silhouette, aber anders als beim Spiegelstudium werden hier zwei Identitäten geschaffen.

Gerlof Smit setzt sich ironisch mit der traditionellen Silhouette auseinander und erweitert sie um neue Ausdrucksweisen. Er stellt Fragen an die Mittel der Silhouette, der Profillinie und ihrer undifferenzierten Binnenfläche, um ganz eigene Antworten auf menschliche Verhaltensweisen zu geben.

www.gerlofsmit.com 

 

 

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