Lebsanft-Abel, Gerti
* 24.01.1898 in Ellwangen
? 07.01.1970 in Bad Cannstatt
Autor(in) Otto Kirchner
aus: Vereinszeitung SAW 14
Anfänge im „Kränzchen“
Die Anfänge der historischen Künstler bleiben meist im Dunkeln, es sei denn, man hat Zugang zum Nachlass und wird darin fündig.
Der früheste abgebildete Scherenschnitt von Gerti Lebsanft-Abel ist eine Illustration, die in der 38. Folge (1926) des „Kränzchen“ erschienen ist . Das Kränzchen waren Hefte für die Unterhaltung und zur Belehrung. Die zahlreichen Bilder darin waren meist keine Illustrationen zu den Texten, sondern bildliche Auflockerung und Bereicherung. Sie hatten ganz unterschiedlichen Charakter. Romantische Bilder (Ein fröhlicher Ländler, Der Dichter) stehen neben realistischen wie „Die große Neuigkeit“:
Man erfährt nicht, was die Dünne zu erzählen hat, aber man kann sehen, daß die Dicke vor lauter Neugier nicht merkt, wie der Hund die Würste aus der Tasche zieht.
Beide Figuren sind „zweidimensional“ ohne Binnenschnitte dargestellt, nur der Eimer zeigt eine ovale Öffnung. Dies irritiert aber eher als es den Gegenstand verdeutlicht, besonders weil der Henkel als zweite schwarze Linie zu sehen ist. Der Boden wirkt dagegen wie ein starkes Fundament für die eher lockere Szene.
Die Anfänge der historischen Künstler bleiben meist im Dunkeln, es sei denn, man hat Zugang zum Nachlass und wird darin fündig.
Der früheste abgebildete Scherenschnitt von Gerti Lebsanft-Abel ist eine Illustration, die in der 38. Folge (1926) des „Kränzchen“ erschienen ist . Das Kränzchen waren Hefte für die Unterhaltung und zur Belehrung. Die zahlreichen Bilder darin waren meist keine Illustrationen zu den Texten, sondern bildliche Auflockerung und Bereicherung. Sie hatten ganz unterschiedlichen Charakter. Romantische Bilder (Ein fröhlicher Ländler, Der Dichter) stehen neben realistischen wie „Die große Neuigkeit“:
Man erfährt nicht, was die Dünne zu erzählen hat, aber man kann sehen, daß die Dicke vor lauter Neugier nicht merkt, wie der Hund die Würste aus der Tasche zieht.
Beide Figuren sind „zweidimensional“ ohne Binnenschnitte dargestellt, nur der Eimer zeigt eine ovale Öffnung. Dies irritiert aber eher als es den Gegenstand verdeutlicht, besonders weil der Henkel als zweite schwarze Linie zu sehen ist. Der Boden wirkt dagegen wie ein starkes Fundament für die eher lockere Szene.
Die Fotografin
Gerti Lebsanft-Abel wurde 1898 in Ellwangen geboren; ihr Vater war hier Richter. Es war nicht üblich, daß eine „höhere Tochter“ einen Beruf ausübte, und so blieb sie nach der Schule im elterlichen Haushalt. Schon als kleines Mädchen benützte sie die Schere nicht zum Nähen sondern zum Scherenschneiden; das berichtete ihr späterer Ehemann.
Die Inflation nach dem 1. Weltkrieg machte das Geldverdienen notwendig. Gerti Lebsanft-Abel wurde Porträtfotografin und eröffnete in Stuttgart ein eigenes Atelier.
Als sie 1935 den Juristen Albert Lebsanft heiratete, mußte sie als Frau eines Beamten ihren Beruf aufgeben, solange, bis man im 2. Weltkrieg die Arbeit der Frauen wieder brauchte. Gerti Lebsanft-Abel wurde 1943 gebeten, ihren Beruf als Fotografin wieder aufzunehmen.
Sie hat diese Tätigkeit im Scherenschnitt dargestellt. Ein in „bedeutender“ Pose hingelagerter Windgassen wird von drei Lampen ins rechte Licht gesetzt; seine Fliege scheint etwas nach hinten verrutscht. Die Fotografin ist unterm Tuch verborgen: sie nimmt das Porträt ins Visier. Während die Beine der Lampen, des Fotoapparates und auch der Fotografin alle klar erkennbar sind, gibt die „Kiste“, in welcher der Sänger steckt, Rätsel auf. Die Deutlichkeit des Profils steht dazu in auffallendem Gegensatz.
Gerti Lebsanft-Abel wurde 1898 in Ellwangen geboren; ihr Vater war hier Richter. Es war nicht üblich, daß eine „höhere Tochter“ einen Beruf ausübte, und so blieb sie nach der Schule im elterlichen Haushalt. Schon als kleines Mädchen benützte sie die Schere nicht zum Nähen sondern zum Scherenschneiden; das berichtete ihr späterer Ehemann.
Die Inflation nach dem 1. Weltkrieg machte das Geldverdienen notwendig. Gerti Lebsanft-Abel wurde Porträtfotografin und eröffnete in Stuttgart ein eigenes Atelier.
Als sie 1935 den Juristen Albert Lebsanft heiratete, mußte sie als Frau eines Beamten ihren Beruf aufgeben, solange, bis man im 2. Weltkrieg die Arbeit der Frauen wieder brauchte. Gerti Lebsanft-Abel wurde 1943 gebeten, ihren Beruf als Fotografin wieder aufzunehmen.
Sie hat diese Tätigkeit im Scherenschnitt dargestellt. Ein in „bedeutender“ Pose hingelagerter Windgassen wird von drei Lampen ins rechte Licht gesetzt; seine Fliege scheint etwas nach hinten verrutscht. Die Fotografin ist unterm Tuch verborgen: sie nimmt das Porträt ins Visier. Während die Beine der Lampen, des Fotoapparates und auch der Fotografin alle klar erkennbar sind, gibt die „Kiste“, in welcher der Sänger steckt, Rätsel auf. Die Deutlichkeit des Profils steht dazu in auffallendem Gegensatz.
Schauspieler- und Musikerporträts
Nach dem Krieg hat Gerti Lebsanft-Abel ihre fotografische Arbeit wieder aufgegeben – nicht aufgegeben hat sie jedoch ihre engen Beziehungen zum Theater. Es gibt zahlreiche Porträtsilhouetten der in Stuttgart tätigen Künstler.
Ein schönes Beispiel ist die Silhouette von Monique de la Bruchollerie. Bemerkenswert ist der Gegensatz zwischen dem schwarzen Kopf mit seiner klaren Profillinie und der ausgeschnittenen Bluse mit der dekorativen Schlaufe.
Die Theaterbilder
Gerti Lebsanft-Abel besuchte regelmäßig die Proben des Stuttgarter Staatstheaters. Aus dem Gesehenen, den Gestalten und Szenen, machte sie Scherenschnitte. Diese erschienen in der Cannstatter Zeitung als Illustrationen der Theaterkritiken. Sie sind der zentrale Teil ihrer künstlerischen Arbeit. Es scheint, als habe bei den Scherenschnitten der sichere Blick der Fotografin mitgearbeitet. Man sieht bei den Schauspielern nicht nur das unverwechselbare Profil, sondern auch in der Ganzfigur die typische Pose, siehe Willy Reichert als Bäcker.
Die Schürze bedeckt als typisches Kleidungsstück fast den ganzen Körper. Daraus hervor ragt nicht nur der Kopf, sondern auch kontrapunktisch schwarz das Hinterteil und die auf den Schuh herabhängende Hose.
Der Boden sieht fast aus wie der Ständer einer Papierfigur, wäre da nicht der weiße Einschnitt, welcher den Schuh markiert. Dadurch wird eine Art perspektivischer Blick erzwungen.
Dass Gerti Lebsanft-Abel das Bedürfnis hatte, ihre Figuren in den Raum zu stellen, zeigt z. B. der Spalanzani aus Hoffmanns Erzählungen. Die Figur ist von hinten gesehen. Das fehlende Profil lässt die Körpersilhouette umso deutlicher hervortreten. Ob der hinzugefügte Schatten gelungen ist, scheint eher fraglich. Vielleicht soll er auf die Theaterbeleuchtung hinweisen und damit die Bühnenpräsenz der Gestalt betonen.
Gerti Lebsanft-Abel besuchte regelmäßig die Proben des Stuttgarter Staatstheaters. Aus dem Gesehenen, den Gestalten und Szenen, machte sie Scherenschnitte. Diese erschienen in der Cannstatter Zeitung als Illustrationen der Theaterkritiken. Sie sind der zentrale Teil ihrer künstlerischen Arbeit. Es scheint, als habe bei den Scherenschnitten der sichere Blick der Fotografin mitgearbeitet. Man sieht bei den Schauspielern nicht nur das unverwechselbare Profil, sondern auch in der Ganzfigur die typische Pose, siehe Willy Reichert als Bäcker.
Die Schürze bedeckt als typisches Kleidungsstück fast den ganzen Körper. Daraus hervor ragt nicht nur der Kopf, sondern auch kontrapunktisch schwarz das Hinterteil und die auf den Schuh herabhängende Hose.
Der Boden sieht fast aus wie der Ständer einer Papierfigur, wäre da nicht der weiße Einschnitt, welcher den Schuh markiert. Dadurch wird eine Art perspektivischer Blick erzwungen.
Dass Gerti Lebsanft-Abel das Bedürfnis hatte, ihre Figuren in den Raum zu stellen, zeigt z. B. der Spalanzani aus Hoffmanns Erzählungen. Die Figur ist von hinten gesehen. Das fehlende Profil lässt die Körpersilhouette umso deutlicher hervortreten. Ob der hinzugefügte Schatten gelungen ist, scheint eher fraglich. Vielleicht soll er auf die Theaterbeleuchtung hinweisen und damit die Bühnenpräsenz der Gestalt betonen.
Weiß in Schwarz
Weiße Einschnitte in die schwarze Fläche gibt es nicht nur bei Personen, sondern auch bei den Landschaften. Bei dem Wannseebild kombiniert Gerti Lebsanft-Abel die strenge schwarze Kontur des Waldes mit den weißen Ausschnitten, welche das Leben auf dem See sichtbar machen. Das weiße Segel korrespondiert mit dem schwarzen Turm der Kirche. Ganz sparsam sind die Ruderer herausgeschnitten, und doch meint man, den Rudertakt wahrzunehmen.
Weiße Einschnitte in die schwarze Fläche gibt es nicht nur bei Personen, sondern auch bei den Landschaften. Bei dem Wannseebild kombiniert Gerti Lebsanft-Abel die strenge schwarze Kontur des Waldes mit den weißen Ausschnitten, welche das Leben auf dem See sichtbar machen. Das weiße Segel korrespondiert mit dem schwarzen Turm der Kirche. Ganz sparsam sind die Ruderer herausgeschnitten, und doch meint man, den Rudertakt wahrzunehmen.
Abstrakte Versuche
Man kann die weißen Einschnitte im Wannseebild als Tendenz zur Abstraktion betrachten. Es gibt aber von Gerti Lebsanft-Abel weitergehende Versuche in dieser Richtung. Dies sind vor allem Darstellungen musikalischer Eindrücke, wie bei Strawinskys Feuervogel. Die Vögel sind nur noch Zeichen und fliegen in einen Hohlraum, der eine Art Instrument sein könnte oder auch die Bühnenkulisse, aus welcher der Feuerzauber herausbricht. Das ist gewissermaßen ein Kennzeichen abstrakter Darstellungen, daß man der Phantasie freien Lauf lassen kann.
Die Gedächtnisausstellung
Gerti Lebsanft-Abel ist 1970 gestorben. 1979 fand in der Galerie „Cannstatter Kunsthöfle“ eine Gedächtnisausstellung statt. Das Cannstatter Kunsthöfle wurde 1936 von dem Architekten Eugen Mertz, dem Schriftsteller Erich Schlenker und dem Maler Hermann Metzger gegründet und war ursprünglich eine Freiluftgalerie; man wollte die Kunst auf die Straße bringen. Hier waren regelmäßig die Scherenschnitte von Gerti Lebsanft-Abel zu sehen.
Über die Gedächtnisausstellung schrieb die Stuttgarter Zeitung: „Darsteller des Schauspiels und Stars der Oper werden in ihren Bühnenszenarien prägnant, lebensnah, mit realistischem Zugriff fixiert und festgehalten.“
H. H. Jansen sprach einmal von einer Stuttgarter Schule des Scherenschnitts; eine ihrer Vertreterinnen war Gerti Lebsanft-Abel.
Die Schere im Scherenschnitt
Scherenschneider haben immer wieder die Schere als Motiv verwendet. Im Kränzchen gibt es eine Vignette, auf der ein Kind eine große Schere mit beiden Händen hält. Vor ihm liegt ein ausgeschnittenes Tier, dem Schwanz nach eine Katze.
Jahrzehnte später, 1949, hat Gerti Lebsanft-Abel aus der Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ von Richard Strauß den Tanz der Schneider geschnitten. Zwei Schneider tanzen auf den Schneiden der weit geöffneten Schere. Sie haben Nadel und Faden in der Hand. Aufgefädelt sind Mücken und Schnaken. Fünf davon haben sich mit dem Faden in die Luft erhoben.
Vielleicht hat die Künstlerin damit nicht nur die Bühnenszene darstellen wollen, sondern auch die Schere als Quelle der tanzenden Figuren, Figuren, welche – angeregt vom Sichtbaren – ins Papier geschnitten werden.
Scherenschneider haben immer wieder die Schere als Motiv verwendet. Im Kränzchen gibt es eine Vignette, auf der ein Kind eine große Schere mit beiden Händen hält. Vor ihm liegt ein ausgeschnittenes Tier, dem Schwanz nach eine Katze.
Jahrzehnte später, 1949, hat Gerti Lebsanft-Abel aus der Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ von Richard Strauß den Tanz der Schneider geschnitten. Zwei Schneider tanzen auf den Schneiden der weit geöffneten Schere. Sie haben Nadel und Faden in der Hand. Aufgefädelt sind Mücken und Schnaken. Fünf davon haben sich mit dem Faden in die Luft erhoben.
Vielleicht hat die Künstlerin damit nicht nur die Bühnenszene darstellen wollen, sondern auch die Schere als Quelle der tanzenden Figuren, Figuren, welche – angeregt vom Sichtbaren – ins Papier geschnitten werden.
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