Ausstellung des Deutschen Scherenschnittvereins e.V. in Holzminden 05.11.2000 bis 29.12.2000
1. Vorsitzende Dr. Berta von Böventer (+2013) Scherenschnitt von Liesel Doll
Die Vielfalt der ganzen Welt liegt zwischen Schwarz und Weiß. Es bedarf aber des geübten Künstlerblickes, die darin enthaltenen Möglichkeiten zu erfassen und sie zur eigenen und zur Freude des Betrachters herauszuarbeiten. Unvorstellbar vielschichtig ist die Kunst des Scherenschnittes, davon können sich noch bis zum 29. Dezember die Besucher der Ausstellung „Schnittspuren“ im Stadtmuseum Holzminden überzeugen. Am 5. November wur-de die zweite Gemeinschaftsaustellung des Deut-schen Scherenschnittvereins feierlich eröffnet. Etliche Vereinsmitglieder waren gleich nach der Jahresversammlung am Vortag zu diesem Ereignis vor Ort geblieben, andere Künstler reisten extra an. Alle Vernissagebesucher zeigten sich verblüfft angesichts des breit gefächerten Spektrums, das die Kunstform birgt.
Museumsleiter und ldeengeber Dr. Matthias Seeliger hat die Exponate von 67 ausstellenden Künstlern in vielen arbeitsintensiven Stunden ausgewählt, vorbereitet und im dritten Stock“ des Museums platziert. „jeder findet etwas, das ihn anspricht!“ versprach er vor der Ausstellungseröffnung.
Die Vereinsvorsitzende, Dr. Berta v. Böventer, kündigte einen „Querschnitt durch viele Möglichkeiten, Bilder auszuschneiden“, an und wertete die Ausstellungen als wichtiges Bindeglied des Vereins: „Sie lassen Zusammengehörigkeit spüren und lenken neue Aufmerksamkeit auf das Besondere der Kunst Scherenschnitt.“
Aufmerksamkeit hat die Ausstellung allerdings in höchstem Maße verdient, und das kann und darf nicht nur für die Scherenschnittkünstler selbst gelten. Die nutzen diese Gelegenheit sicher ohnehin gern dazu, einmal über den eigenen künstlerischen Tellerrand zu schauen. Die umfassende Ausstellungspalette aber bietet in ihrer Kombination zahlreiche Überraschungen und Denkanstöße für allgemeine Kunstfreunde, für Künstlerkollegen und Scherenschnittexperten. Sie gibt nicht nur die historische Entwicklung des Scherenschnitts wieder, sie wird mitunter als kritischer Spiegel der Gesellschaft benutzt und räumt mit manchem Vorurteil auf.
Erfreulich für Außenstehende: Der Scherenschnittverein zeigt sich zwar traditionsbewußt, erstarrt aber nicht in Althergebrachtem. Nach der zeitgemäßen Prämisse „Stillstand ist Rückschritt“ haben gleichberechtigt neben der historischen Basis moderne Techniken ihren Platz. Außer traditionellen Arbeiten, die manchmal schon allein wegen ihrer filigranen Machart nicht nur laienhaften Betrachtern ungläubigen Respekt abnötigen, fanden so viele moderne und abstrakte Werke, für sich stehend oder als Ergebnis der individuellen Verarbeitung von Texten und Melodien, Zugang in die „Schnittspuren“. Als erstaunlich farbenfroh erweist sich die getroffene Auswahl, sie setzt zahllose aktuelle Akzente, erstaunt mit jedem ihrer Bestandteile, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.
Da die Ausstellung einen kleinen Einblick in das gewährt, was an Bildern und Ideen in den Köpfen der Scherenschnitt-Künstler existiert und noch ruht, kann auch der außenstehende Beobachter mit großer Sicherheit eine erneute Bilderflut mit zahlreichen Überraschungen erwarten. Zu gegebener Zeit möge sie sich in einer weiteren Gemeinschaftsausstellung von ähnlich hohem Niveau manifestieren!
Ausschnitt aus SAW 16 S.25
Daß Frau Bertavon Böventer verstorben ist, tut mir unendlich leid. Ich hab sie anscheinend kurz vor ihremTod im Augustinum besucht. MeinMann und ich kannten die Familie von Böventer seit vielen Jahrzehnten.